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02.10.2023 | Blog

Betriebliches Mobilitätsmanagement in Kommunen: Stand und Perspektiven

Wenn es um das Thema Betriebliches Mobilitätsmanagement geht, haben Kommunen eine wichtige Doppelrolle inne. Zum einen erzeugen sie als Arbeitgeberin selbst Verkehr - beispielsweise müssen Mitarbeitende ja zur Arbeitsstelle kommen. Dazu kommen Dientreisen, Kunden- und Besuchsverkehr.  In ihrer anderen Rolle kann die Kommune den Blick auf die ortsansässigen Betriebe und Unternehmen richten und sie beim Aufbau eines (über-) betrieblichen Mobilitätsmanagements unterstützen.

Betriebliches Mobilitätsmanagement, kurz BMM, versucht mit einem ganzheitlichen Ansatz den durch berufliche Wege erzeugten Verkehr nachhaltig zu gestalten. Das Ziel: Den Anteil an Fahrten mit dem Pkw zu reduzieren und den Anteil an Fahrten mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln zu erhöhen. Einen guten Überblick über Herausforderungen und die mit einem BMM verbundenen Potenziale gibt die Grafik des VCÖ aus unserem Nachbarland Österreich.

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Wir unterstützen unsere Mitgliedskommunen mit verschiedenen Angeboten, um ein Betriebliches Mobilitätsmanagement in der eigenen Verwaltung zu initiieren und langfristig zu etablieren. Hier zwei Beispiele: Um einen umfassenden Einstieg in das Thema BMM zu bekommen, bieten wir regelmäßig unsere Fortbildung „Betriebliches Mobilitätsmanagement in Kommunalverwaltungen“ an. Mittlerweile haben daran schon über 200 kommunale Mitarbeiter*innen teilgenommen. Zudem bieten wir unseren Mitgliedskommunen eine individuelle Erstberatung an, um gemeinsam Potenziale und erste Schritte zum Aufbau eines BMM zu skizzieren.

Ein genaues, flächendeckendes Bild davon, wie unsere Kommunen im Handlungsfeld des Betrieblichen Mobilitätsmanagements aufgestellt sind, fehlte uns bisher. Mit dem übergeordneten Ziel, eine umfassende Grundlage auch zur Weiterqualifizierung unserer eigenen Beratungs- und Unterstützungsangebote zu schaffen, haben wir daher im Herbst 2022 eine landesweite Befragung unserer Mitgliedskommunen durchgeführt.
Im Rahmen einer Online-Befragung haben sich Vertreter*innen aus 122 Städten, Kreisen und Gemeinden in NRW an der Befragung beteiligt. Dieser erfreulich hohe Rücklauf – gemessen an zum Zeitpunkt der Befragung etwa 290 Mitgliedskommunen sind es 42 Prozent – bestätigt die aktuell hohe Relevanz des Themas in den Kommunen. Die Kernergebnisse dieser Befragung möchten wir Ihnen gerne vorstellen.

Je größer die Stadt ist, desto breiter ist das Betriebliche Mobilitätsmanagement aufgestellt
Ein BMM für die eigene Verwaltung wird bisher hauptsächlich von größeren Städten betrieben. Alle Großstädte in NRW geben an, ein BMM für die eigene Verwaltung etabliert zu haben oder mindestens einzelne BMM-Maßnahmen umzusetzen. Immerhin fast 80 Prozent aller Mittelstädte haben erste Maßnahmen im Bereich des BMM umgesetzt, oder planen deren Umsetzung. Das zeigt, dass auch in diesen Städten ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür vorhanden ist, die Mitarbeiter*innen bei der Gestaltung einer nachhaltigen Mobilität zu fördern. Allerdings hst bisher nur etwa jede zweite kleinere Kommune oder Gemeinde Maßnahmen im Bereich des BMM angestoßen. Hier besteht also noch Luft nach oben.

Frage: Wie würden Sie den aktuellen Stand des Betrieblichen Mobilitätsmanagements in Ihrer Kommunalverwaltung am ehesten beschreiben?

Mit der Befragung haben wir auch Erkenntnisse über die Strukturen in der Kommune genauer angeschaut. Wir sind überzeugt: Die betriebliche Mobilität in der Verwaltung bedarf einer Koordination und muss „gemanaged“ werden. Ein Schlüsselfaktor für ein kontinuierlichen und wirkungsvollen BMM-Prozess ist daher die Benennung einer zentral-verantwortlichen Personen für BMM. Auch hier zeigt sich: Je größer die Stadt bzw. die Verwaltung, desto eher gibt es bereits eine solche zentrale Ansprechperson bzw. eine/n zentralen Koordinator*in oder betriebliche/n Mobilitätsmanager*in in den Kommunen. Aber auch in einwohnerstarken Städten mit ihren großen und komplexen Verwaltungen gibt es hier noch eine Lücke – In etwa ein Drittel der Städte mit über 100.000 Einwohner*innen gibt es bisher keine zentral verantwortliche Person für BMM. In etwas mehr als die Hälfte aller Mittelstädte ist ebenfalls keine entsprechende Person benannt; in kleinen Städten und Gemeinden liegt dieser Wert bei einem Drittel.

Weniger als die Hälfte aller Kommunen können ihren Beschäftigten attraktive Radabstellanlagen anbieten
Uns hat auch interessiert, inwieweit die befragten Kommunen konkrete Maßnahmen des BMM umgesetzt haben. Hierzu gehören beispielsweise Jobtickets, sichere und überdachte Fahrradabstellanlagen, Regelungen für das mobile Arbeiten, ein bedarfsgerechter und effizienter Fuhrpark und entsprechende Kommunikations- und Informationsangebote.

Fast alle befragten Kommunen führen Mobilitätsaktionstage durch wie zum Beispiel das "Stadtradeln". Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass neun von zehn Kommunen ihren Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen. Hochwertige bzw. sichere Abstellanlagen für das Fahrrad können nur weniger als die Hälfte der befragten Kommunen nachweisen.

Interessanterweise haben aber weitere 50 Prozent diese sinnvolle Maßnahme bereits geplant bzw. konkretes Interesse daran. Ähnliche Werte lassen sich für das Dienstradleasing erkennen. Nur 15 Prozent aller befragten Kommunen geben an, diese Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs bei den eigenen Beschäftigten nicht zu planen. Nur knapp jede fünfte Kommune bietet ihren Mitarbeiter*innen Umkleideräume und Duschen: ebenfalls eine wichtige Voraussetzung, um die Fahrt mit dem Fahrrad zu fördern bzw. für längere Distanzen überhaupt zu ermöglichen. Maßnahmen, die eine Nutzung des eigenen Pkw durch die Mitarbeiter*innen einschränken bzw. unattraktiver machen, sind ebenfalls nicht weit verbreitet. So bewirtschaften nur 16 Prozent aller Kommunen ihre Mitarbeitendenparkplätze.

Bei der Förderung der E-Mobilität im Pkw-Bereich nehmen die Kommunen Nordrhein-Westfalens durchaus eine Vorreiterrolle ein. Die Dienstfahrzeuge in den kommunalen Fuhrparks sind häufig bereits elektrifiziert: In knapp 80 Prozent aller Kommunen gibt es schon heute elektrische Dienstfahrzeuge. Dienstfahrräder gibt es ebenfalls in acht von zehn Kommunen. Der Einsatz von Lastenrädern ist dagegen noch nicht weit verbreitet. Nur knapp jede dritte Kommune verfügt über ein Lastenrad im eigenen Fuhrpark.

Grundlegende, ganzheitliche Analysen, die für einen ganzheitlichen und strategischen Umgang mit dem Thema BMM gerade für größere Verwaltungen aus unserer Sicht unerlässlich sind, hat bisher nur ein geringer Teil der befragten Kommunen durchgeführt. Aber insbesondere hier zeigt sich, Interesse daran besteht, das Thema BMM in der eigenen Verwaltung anzupacken. So gibt etwa jede vierte Kommune an, Interesse an gezielten Analysen zu haben, um die einzelnen Bereiche des BMM, wie die Mobilität der Beschäftigten auf dem Arbeitsweg oder auf Dienstreisen sowie das Fuhrparkmanagement, genauer unter die Lupe zu nehmen.

Frage: Welche der folgenden Maßnahmen sind in Ihrer Kommunalverwaltung bereits umgesetzt, geplant oder nicht geplant?


Bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen gibt es noch viel Luft nach oben
Insbesondere die Großstädte üben die Rolle BMM-Multiplikator bzw. Initiator bereits heute schon aus, um das Betriebliche Mobilitätsmanagement auch in ortsansässigen Betrieben zu fördern. Letztlich zeigt sich aber in den Ergebnissen, dass bisher nur wenige der befragten Kommunen eigene Angebote bzw. Maßnahmen zur Förderung des BMM in Unternehmen umgesetzt haben. Positiv fällt auf: Rund ein Drittel aller befragten Kommunen hat Interesse daran entsprechende Maßnahmen, wie etwa Infoveranstaltungen zum BMM für Unternehmen, anzubieten.

Grundsätzlich erkennen Städte, Kreise und Gemeinden in dieser Rolle aber eine wichtige Zukunftsaufgabe. Um unsere Mitglieder in dieser Rolle zu stärken und die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Unternehmen im Bereich des Betrieblichen Mobilitätsmanagements im Sinne der Mobilitätswende aktiv zu fördern, arbeiten wir bereits eng mit unseren beiden wichtigen Kooperationspartnern zusammen: dem IHK-Netzwerk Betriebliche Mobilität NRW und dem Mobility Hub Handwerk NRW.

Die Vielzahl an eingereichten Projekten im Rahmen des NRW-Landeswettbewerbs ways2work, in dem Kommunen gemeinsam mit Betrieben innovative Lösungen für eine nachhaltige Pendlermobilität erarbeiten und einführen, ist ein hoffnungsvolles Signal, dass Kommunen ihre Rolle als wichtiger Multiplikator für das Betriebliche Mobilitätsmanagement verstärkt aktiv ausfüllen.


Unser Fazit und die Schlussfolgerungen
BMM ist bisher vor allem ein Thema für Großstädte. Aber Mittel- und Kleinstädte sind nicht inaktiv, sondern zeigen verstärkt Interesse an BMM, v.a. auf Maßnahmenebene, wie z.B. dem Bau von attraktiven Fahrradabstellanlagen oder der Einführung eines JobTickets für die Beschäftigten.

  • Das größte Hemmnis für ein Betriebliches Mobilitätsmanagement ist aus der Sicht der Befragten häufig die angespannte Personalsituation in den Verwaltungen.
  • Nicht selten herrschen auch unklare Zuständigkeiten oder eine fehlende Unterstützung der Verwaltungsspitze,
    um das Thema BMM als strategisch und nachhaltig angehen zu können.
  • Bestehende Fördermöglichkeiten sollten stärker genutzt werden:
    Nicht nur betriebliche Mobilitätskonzepte, sondern auch BMM-Maßnahmen können gefördert werden.
  • Die Rolle der Kommune als BMM-Multiplikator/Initiator wird bisher fast ausschließlich von Großstädten und zum Teil von Kreisen wahrgenommen.
    Viele weitere Kommunen sehen darin aber eine wichtige Zukunftsaufgabe.
  • Erste Schritte zur Förderung eines BMM in ortsansässigen Unternehmen könnten zum Beispiel Infoveranstaltungen (gemeinsam mit den örtlichen IHK) sein.


Was können wir jetzt tun, um unsere Mitglieder zu unterstützen?
An den Befragungsergebnissen freut uns besonders, dass unsere bisherigen Beratungs- und Unterstützungsangebote beim Aufbau eines Betrieblichen Mobilitätsmanagements in der eigenen Kommunalverwaltung offenbar sehr wirkungsvoll sind. So haben beispielsweise Kommunen, aus denen bereits Mitarbeitende an unserer Fortbildung „Betriebliches Mobilitätsmanagement in der Kommunalverwaltung“ teilgenommen haben, tendenziell mehr Maßnahmen im Bereich des Betrieblichen Mobilitätsmanagements umgesetzt als Kommunen, die noch keine/n eigene Mitarbeiter*in haben aus- bzw. weiterbilden lassen.

Zugleich können wir auf Basis der Befragungsergebnisse ableiten, wie wir unsere Beratungs- und Unterstützungsangebote bedarfsgerecht weiterqualifizieren können. Wir prüfen daher im Rahmen unserer Möglichkeiten insbesondere, folgende Ansätze in unserer weiteren Arbeit verstärkt zu berücksichtigen:

  • Gezielte Unterstützungsangebote zum Aufbau eines Betrieblichen Mobilitätsmanagements in Klein- und Mittelstädten
  • Laufende Sammlung, Analyse und Darstellung von Good Practice-Beispielen aus anderen Kommunen
  • Beratung und Unterstützung bei der Zusammenarbeit von Kommunen mit Unternehmen
    („Die Kommune als BMM-Multiplikator“)
  • Möglichkeiten für intensiveren, zielgerichteten Austausch zwischen Kommunen schaffen

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen haben und wir Sie beim Aufbau eines Betrieblichen Mobilitätsmanagements in Ihrer Kommune unterstützen können.

Jan Garde

Autor

Jan Garde

Jan Garde ist Referent für Mobilitätsmanagement mit Schwerpunkt Wirtschaft und Betriebe beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr.


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