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10.02.2022 | Blog

On-Demand-Angebote – Lösung für die letzte Meile

Busfahren ist super – vorausgesetzt, es kommt einer. Ein alter Witz, der für viele Menschen im ländlichen Raum gefühlte Wahrheit ist. Aber neben der Taktung kritisieren viele Menschen auf dem Land und in der Stadt auch die Erreichbarkeit des ÖPNV, insbesondere die sogenannte „letzte Meile“. So wird in Fachkreisen die Strecke zwischen dem Wohnort und der nächstgelegenen Haltestelle bezeichnet. Ob diese letzte Meile tatsächlich von der Nutzung des ÖPNV abhält oder kein Hindernis darstellt, ist sicherlich eine subjektive Bewertung. Aber es gibt auch belastbare Erhebungen: Zum Beispiel ermittelt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) die Erreichbarkeit von Haltestellen.

Diese sieht das Institut als ausreichend gegeben an, wenn Menschen höchstens 600 Meter Luftlinie von der nächsten Bushaltestelle oder 1.200 Meter Luftlinie vom nächsten Bahnhof mit mindestens 20 Fahrtmöglichkeiten am Tag entfernt wohnen. Damit orientiert sich das BBSR an den Empfehlungen für Planung und Betrieb des öffentlichen Personennahverkehrs der „Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen“ für Haltestelleneinzugsbereiche im ÖPNV.

Ausreichend ist nicht gut genug
Diese ausreichende Erreichbarkeit kann aus unserer Sicht allerdings keinesfalls mit guter Erreichbarkeit gleichzusetzen sein. Gemessen an den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen bedeutet es eher „unterste Schmerzgrenze“. Genauso sieht es auch die Allianz pro Schiene, die die Ergebnisse des BBSR in einem Erreichbarkeitsranking aufgearbeitet hat.

Nach diesem Ranking steht NRW mit 95,8 Prozent Erreichbarkeit auf Platz drei der Flächenländer in Deutschland. Aber mit dieser „untersten Schmerzgrenze“ kann NRW sich nicht zufriedengeben.
Unsere Mitgliedskommunen wollen die Mobilitätswende erreichen. Dafür brauchen wir einen gestärkten ÖPNV – er bildet das Rückgrat der Mobilitätswende. Attraktive Angebote verkürzen die letzte Meile und bringen den ÖPNV nah an die Wohnorte der Menschen.

Lösungsansätze gibt es bereits, zum Beispiel im Bereich „flexible Bedienformen“ das Anrufsammeltaxi (AST) oder Anruflinienfahrten (ALF). Doch Kundenbefragungen zeigen immer wieder, dass die Zugangshürden dieser Angebote Nutzer*innen eher abschrecken: In der Regel muss die Fahrt 60 Minuten vorher telefonisch bestellt werden und der Abholpunkt ist ebendiese ÖPNV-Haltestelle, die vielen zu weit weg ist.

On-Demand-Angebote als Lösung
Doch diese Nutzungshürden können durch Digitalisierung beseitigt werden. So werden aus den klassischen AST oder ALF On-Demand-Angebote, die besonders im ländlichen Raum einen wichtigen Stellenwert in der Mobilitätswende einnehmen können. Möglich macht das eine Anpassung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), nach der On-Demand-Angebote nun als Teil des ÖPNV gelten.

Mithilfe der Digitalisierung kann dieser nachfragebasierte Ansatz so die bestehenden Angebote optimieren. Bei der Buchung kann jeder Fahrgast Abholzeit, Start- und Zielort individuell bestimmen und wird durch das System einem freien Fahrzeug zugeordnet. Gleichzeitig werden ähnliche Anfragen überprüft, die über die App hereinkommen. Der Algorithmus verteilt die Fahrgäste so auf die Fahrzeuge, dass der Umweg jeder Fahrt minimal gehalten wird. Das reduziert nicht nur die Zahl der Einzelfahrten, sondern entlastet auch die Verkehrsinfrastruktur.

Zwar ist genehmigungsrechtlich weiterhin vom ÖPNV-Aufgabenträger eine Haltestelle als Abfahrts- und Zielort zu definieren, diese kann aber als sogenannte „virtuelle Haltestelle“ auch jeder Laternenpfahl in einem Gemeindegebiet sein. Kommunen können sie mit einem einfachen Aufkleber kennzeichnen, ohne größere Kosten durch Ausgaben für die Haltestelleninfrastruktur. Und die Fahrgäste werden beinahe von Zuhause abgeholt, wenn das Fahrzeug zum nächstgelegenen Laternenmast vor der eigenen Haustür bestellt werden kann.

Richtige Schlüsse ziehen mit Evaluation
Im Rahmen des Landeswettbewerbs „Mobil.NRW – Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ fördert das Land NRW landesweit 15 Modellvorhaben, die den ÖPNV im ländlichen Raum mit innovativen Angeboten verbessern wollen. Hier soll in den verschiedenen Anwendungsfällen beispielhaft erprobt und untersucht werden, wie diese innovativen Maßnahmen zum Gelingen der Mobilitätswende im ländlichen Raum beitragen können. Für die geplanten Maßnahmen stellt die Landesregierung insgesamt 30 Millionen Euro zur Verfügung. Der Wettbewerb ist Teil einer zwei Milliarden Euro starken ÖPNV-Offensive des Landes Nordrhein-Westfalen. Um die Ergebnisse der Modellprojekte optimal auswerten und auf andere Kommunen als Musterlösung für bessere Mobilität übertragen zu können, evaluieren wir, das Zukunftsnetz Mobilität NRW, diese 15 Modellvorhaben im Auftrag des Verkehrsministeriums. 

Untersucht werden verschiedene Bereiche: die Qualität des Angebots (zum Beispiel Takt, Dichte der Haltestellen, Barrierefreiheit), die Nachfrage und verkehrliche Wirkung (zum Beispiel Fahrgastzahlen) sowie die Wirtschaftlichkeit (etwa Kostenentwicklung, Personalbedarf oder Fahrzeugkosten). Außerdem werden die Auswirkungen auf den Klimaschutz untersucht und auch die Kommunikation der 15 Modellvorhaben wird evaluiert. Um die Kundenzufriedenheit abzufragen, werden im Laufe der jeweiligen Projektlaufzeit auch Fragebögen an die Fahrgäste verteilt und über QR-Codes in den Fahrzeugen verfügbar gemacht.
Die Evaluation ist 2021 gestartet, die Ergebnisse werden im Jahr 2025 veröffentlicht.

Andreas Falkowski

Autor

Andreas Falkowski

Andreas Falkowski war Referent für Mobilitätsmanagement beim Verkehrsverbund Rhein-Sieg in der Koordinierungsstelle Rheinland. 


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