02.07.2023 | Blog
Parkraummanagement: Ein wirkungsvolles Instrument im Dornröschenschlaf
Dem Parken soll zukünftig die geringste Relevanz bei der Gestaltung von Verkehrsflächen eingeräumt werden. So beschreibt es zumindest das Regelwerk der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Dort ist auf Seite 21 als neues Planungsmantra die Priorisierung der Verkehrsteilsysteme „in der Reihenfolge Fußverkehr – Radverkehr – ÖV – fließender MIV – ruhender Verkehr (priorisierende Verkehrsplanung, priorisierender Straßenentwurf und priorisierendes Verkehrsmanagement)“ aufgelistet. Während in den meisten politischen Diskussionen die Gleichberechtigung der Verkehrsmittel noch als geradezu revolutionäre und kontroverse Zielvorgabe gilt, sind die Regelwerke der Verkehrsplanung also schon längst einen Schritt weiter und sprechen sich für eine eindeutige Rangfolge aus – zu Ungunsten des Parkraums.
Dass sich der Fokus in der Verkehrsplanung schnellstmöglich von Pull-Maßnahmen hin zu Push-Maßnahmen erweitern muss, um die gesetzlich vorgeschriebenen Klimaschutzziele zu erreichen, ist in der Verkehrswissenschaft unumstritten. In der Praxis zeigt sich allerdings auch über NRW hinaus, wie weit theoretische Überlegungen noch von planerischen Umsetzungen entfernt sind. Während in Berlin selbst alle Planungen, auch einzelne Parkstände umzuwandeln, vorerst gestoppt werden (Quelle), sind Auseinandersetzungen rund um das Thema Parken in nahezu identischer Form in ganz Deutschland vorzufinden.
Diese beiden Probleme liegen zugrunde:
- Verkehrsflächen sind endlich. Eine bessere Infrastruktur für nachhaltige Mobilität und dringend notwendige Klimaschutzmaßnahmen sind daher auf Flächen angewiesen, die bisher primär dem fließenden und ruhenden MIV zugeteilt sind.
- Die jahrzehntelange Priorisierung des MIV in der Verkehrsplanung erfordert Umgewöhnungen und Umdenken. Kritisch auf die Vergangenheit zu schauen, kann schmerzlich sein. Beides fällt Menschen nicht leicht und ist anstrengender als ein Erhalt des Status Quo. Gegenwehr und Abwehrhaltungen sind in solchen Fällen oftmals die Konsequenz.
Auch das deutsche Straßenverkehrsrecht und die Straßenverkehrsordnung hemmen eher, als dass sie das Parkraummanagement unterstützen. So ist für viele Maßnahmen zunächst eine umfangreiche und kostenintensive Prüfung erforderlich, z.B. um den viel zitierten Parkdruck zu ermitteln. An anderer Stelle wird Kommunen nicht ermöglicht, Gebühren für Bewohnerparkausweise nach sozialen Kriterien zu staffeln, wie es beispielsweise bei KiTa-Gebühren längst gängige Praxis ist.
Hinzu kommt die erwähnte jahrzehntelange Gewöhnung an einen Status Quo, der die Dominanz des ruhenden Verkehrs im öffentlichen Raum stillschweigend hinnimmt und sogar fördert. Die Reaktionen der Öffentlichkeit sind entsprechend vorhersehbar: Höhere Parkgebühren? Gängelung der Anwohner*innen. Umwidmung von Kfz- zu Fahrradparken? Ende des lokalen Einzelhandels. Parken auf einem ohnehin schon engen Gehweg? Da kommt man schon noch durch.
Dass der Einzelhandel und die Anwohner*innen von einem effektiven Parkraummanagement sogar profitieren können, ist in zahlreichen Kommunen unserer europäischen Nachbarstaaten zu beobachten. In Deutschland und NRW steigt immerhin die Offenheit dieser Tatsache gegenüber leicht.
Neben Großstädten machen sich auch immer mehr Klein- und Mittelstädte auf den Weg, strategische Parkraumkonzepte zu entwickeln – ein unabdingbarer Baustein auf dem Weg zur Mobilitätswende.
Wir unterstützen Sie dabei tatkräftig. Sei es mit fachlicher Unterstützung in Form von Beratungen, Workshops, Handbüchern und Leitfaden, sowie durch Vernetzung der Verwaltungen untereinander.

Marius Reißner
Autor
Marius Reißner ist Referent für Mobilitätsmanagement im Rheinland und Experte für das Themenfeld Parken.
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