In den nächsten fünf bis sieben Jahren werden LKW und PKW zumindest auf den Autobahnen selbst fahren, sprich ohne Zutun eines Fahrers. Fünf bis zehn Jahre später erobern sie auch die Städte, irgendwann dazwischen unsere Landstraßen. Spätestens im Jahr 2030 wird in der Mobilität nichts mehr so sein wie vorher, vielleicht aber auch schon 2025.
Jede heute zu treffende Investitionsentscheidung im Bereich der Verkehrsinfrastruktur und des Fahrzeugbestandes der Verkehrsbetriebe reicht in diese Zeit hinein. Es ist also höchste Zeit, sich mit den Folgen dieses neuen Verkehrsmittels auseinanderzusetzen, mit seinen Chancen und Risiken, für die Stadtgesellschaft und den ÖPNV.
Das selbstfahrende Auto ist nicht einfach nur eines mit einem weiteren Assistenzsystem, nach ABS, ESP und Stauassistent. Es hat die Fähigkeit, jeden Menschen von A nach B zu bringen, unabhängig von Alter, Führerschein und körperlichen Beeinträchtigungen. Es vereint also die Vorteile des Individualverkehrs mit denen des öffentlichen Verkehrs. Es fährt so schnell wie ein PKW, ohne Umsteigen von Tür zu Tür, allerdings ohne Zeitverlust für die Parkplatzsuche. Die Reisezeit ist mindestens so gut nutzbar wie in der Bahn, nur mit der Privatheit des PKW. Es wird vorrangig elektrisch sein, mit einem schnell steigenden Anteil regenerativ erzeugter Energie, immer klimafreundlicher. Und wenn es nicht besessen sondern nur genutzt wird, dann ist es auch noch viel günstiger als alle heutigen Verkehrsmittel.
Die zukünftigen Anbieter solcher Nutzungsmodelle sind heute schon im Markt aktiv, wenn auch noch nicht mit selbstfahrenden Fahrzeugen. Aber sowohl das Freefloating-CarSharing von Car2Go oder DriveNow als auch der Taxidienst UBER stellen aus Sicht des jeweiligen Unternehmens schon so etwas ähnliches dar. Zumindest so ähnlich, dass sich damit die zukünftigen Geschäftsmodelle schon bestens simulieren lassen.
Dem Freefloating-CarSharing sagt man schon heute nach, dass es mit seiner OneWay-Funktionalität dem ÖPNV die Nutzer wegnimmt. Noch ist es wegen der geringen Nutzungsintensität durch teils mehrtägige Standzeiten an abgelegenen Orten recht teuer, und noch muss der Nutzer am Ende einen Parkplatz dafür finden. Wie wird es sein, wenn das Freefloating-Fahrzeug am Ende eines Termins direkt vors Gebäude kommt, wir einsteigen und am Ende der Fahrt einfach dort aussteigen, wo wir hinwollen, ohne uns um einen Parkplatz kümmern zu müssen? Also so wie Taxi heute, nur dass es wahrscheinlich nicht 2,00 €, sondern nur noch 0,10 € kostet. Also weniger als heute der Kraftstoff für den eigenen PKW, und halb so teuer wie das Einzelticket des ÖPNV.
Der ÖPNV muss sich neu erfinden. Von Haltestelle zu Haltestelle ist zu kurz gedacht, wie das selbstfahrende Auto muss er von Tür zu Tür denken. Wenn es soweit ist, wird er sich die selbstfahrenden Fahrzeuge selbst zu Diensten machen, um schlecht ausgelastete Linien damit schneller und besser getaktet abzudecken. Doch schon vorher kommt es darauf an, die Menschen zu einem multimodalen Mobilitätsverhalten zu bewegen. Wenn das nicht gelingt, werden die heutigen Besitzer privater PKW beim nächsten Kauf einfach ein selbstfahrendes Modell anschaffen, dieses noch intensiver nutzen und für immer für den ÖPNV verlorene Kunden sein. CarSharing, BikeSharing, Fahrgemeinschaftsbildung, Fahrradboxen, multimodale Fahrtenplanungstools und vieles mehr sind Bausteine, mit deren Integration der ÖPNV sich schon vorher neu definieren und diese Herausforderung bewältigen kann.
Neben diesen Veränderungen im Bereich des Verkehrs wird sich die Veranstaltung auch mit den zu erwartenden Auswirkungen auf die Stadtgesellschaft beschäftigen. Werden die Menschen zukünftig noch in der Stadt leben, wenn das Pendeln zwischen Stadt und Land so einfach wird? Wenn das Familienleben auf dem Land so einfach wird?
Das selbstfahrende Auto wird die Arbeitswelt in einer Zeit durcheinanderwirbeln, in der auch Industrie 4.0 tiefe Spuren hinterlassen wird. Viele Berufe fallen weg, Politessen und Verkehrspolizisten werden obsolet, ebenso Taxi- und Kurierfahrer genauso wie Bus- und LKW-Fahrer. Dafür werden neue Berufe entstehen oder alte sich so verändern, dass sie ihre Dienstleistung während der Fahrt im selbstfahrenden Auto erbringen.
Am 28. Januar 2015 lädt das Netzwerk intelligente Mobilität e.V. (NiMo) dazu ein, die Herausforderung "selbstfahrendes Auto" gemeinsam in Angriff zu nehmen. Die verschiedenen Fachbeiträge aus Praxis, Wissenschaft und öffentlicher Verwaltung sollen Möglichkeiten und Lösungsansätze aufzeigen, wie alternative Mobilitätsformen schon heute in den ÖPNV integriert werden können, um frühzeitig ein attraktives und wettbewerbsfähiges Gesamtangebot zu gestalten, welches ohne Mehrkosten für die öffentliche Hand die Menschen schon vor Eintreffen des selbstfahrenden Autos von der ausschließlichen Autonutzung zur Mobilität im Mix bewegt.
Nähere Informationen zu dieser Fachveranstaltung finden Sie hier.